Nicht zu Unrecht gilt das Unternehmen mit seiner wechselvollen Firmengeschichte unter Sammlern und Bastlern als das "Urgestein des Plastikmodellbaus". Ich hatte in den Jahren 1970/ 71, als AIRFIX wirtschaftlich ungemein prosperierte, eine Phase von ca. 15 bis 18 Monaten, in der ich mich insbesondere mit dem Bau von Flugzeugmodellen dieser Marke aus dem Zweiten Weltkrieg im Maßstab 1:72 beschäftigte. Danach verlor sich mein Interesse allmählich wieder, da ich zum "ernsthaften" Briefmarkensammeln überging, u.a. einige Abos bei H.E. Sieger in Lorch/W. laufen hatte und meine begrenzten Mittel lieber in "wertbeständige" Hobbies investierte.
In den 90ern kaufte ich mir nochmals aus reinem Jux einen preisreduzierten Bausatz, merkte aber schnell, daß der Reiz des Modellbaus bei mir nicht mehr vorhanden war und ließ es dann konsequenterweise ganz.
AIRFIX gilt heute insbesondere in Großbritannien immer noch als Institution, insbesondere bei in die Jahre gekommenen Sammlern, die damit nostalgische Erinnerungen an ihre Jugendzeit verbinden.
Gegründet wurde die Firma bereits 1939 von Nicholas Kove, einem ungarischen Migranten mosaischen Glaubens. In einem speziellen Extrusionsblasverfahren ließ Kove Kunststoffspielzeuge herstellen und kam über seine spezielle Fertigungsmethode auf den Namen AIRFIX. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Kove einer der ersten Unternehmer, der das neuartige Plastikspritzgußverfahren mit großem Erfolg einsetzte.
Ende der 40er Jahre fertigte AIRFIX im Auftrag von Ferguson ein Traktormodell aus Kunststoff, daß aufgrund seiner Komplexität aus verschiedenen Einzelteilen zusammengesetzt werden mußte. Das Modell wurde schnell über seinen Werbezweck hinaus äußerst populär, so daß AIRFIX dazu überging, vornehmlich aus Kostengründen entsprechende Bausätze für einen breiteren Markt zu produzieren.
Ab 1952 wurden immer neue AIRFIX- Modellbausätze dazuentwickelt, produziert und vornehmlich über die auch in Großbritannien ansässige Kaufhauskette Woolworth vertrieben. AIRFIX wurde zum eigentlichen Pionier von Kunststoffmodellbausätzen, so daß der Markenname im Vereinigten Königreich bis heute zum Synonym für Plastikbausätze wurde.
Die goldenen Jahre von AIRFIX lagen in der Zeit der Hochkonjunktur der 60er und frühen 70er Jahre, als die Beliebtheit der Bausätze und die damit verbundenen Firmenumsätze einen bis dahin nicht gekannten Umfang annahmen. Produziert wurden in diesem Zeitraum maßstabsgetreue Bausätze von Flugzeugen, Schiffen, Kraftfahrzeugen, Figuren, Modelleisenbahnen inkl. Zubehör und Merchandising- Artikel z.B. der James Bond- Filme, die durch ein Sortiment von Farben für den Modellbau ergänzt wurden.
Zumindest in Großbritannien erschien zusätzlich das "AIRFIX- Magazine", das historische Hintergründe zu den Modellreihen ausleuchtete und zahlreiche technische Tips und Gestaltungsanregungen für den engagierten Modellbauer vermittelte.
Bei uns in der Bundesrepublik liefen Vermarktung und Vertrieb bis 1980 über die "Plasty Spielzeug GmbH" aus Neulußheim, die auch die meist jährlich erscheinenden Modellkataloge vertrieb.
Gegen Ende der 70er Jahre und in den darauffolgenden 80ern geriet der kommerzielle Plastikmodellbau in eine schwere Krise. Für die produzierenden Firmen wurden durch die stark gestiegenen Ölpreise die Rohstoffe im Einkauf deutlich teurer und konnten wettbewerbsbedingt nur teilweise an den Endkonsumenten weitergegeben werden, wodurch die Margen stark sanken. Auch fehlte durch die gesunkenen Geburtenraten allmählich die bis dahin gewohnte breite Kundenbasis, die bisher von den Babyboomer- Jahrgängen der 50er und 60er Jahre getragen wurde. Zu allem Überfluß änderte sich das Freizeitverhalten der Jugendlichen abrupt, als in den 80er Jahren der Personal Computer seinen Siegeszug antrat und Computerspiele in Mode kamen.
In Konsequenz mußte AIRFIX bereits im Jahre 1981 Insolvenz anmelden und wurde von General Mills aufgekauft, wobei die Herstellung nach Frankreich verlagert wurde. 1986 wurde das krisengeschüttelte Unternehmen an die Hobby Products Group Ltd. veräußert, der bereits etablierte Marken wie Humbrol oder Heller gehörten.
1995 wurde die Hobby Products Group inklusive AIRFIX an die irische Holding Allen McGuire verkauft, die die Modellbausparte unter dem Namen Humbrol weiterführte. Die Firmengruppe AIRFIX- Heller- Humbrol mußte 2006 wiederum in Frankreich Insolvenz anmelden. Unter der Leitung des ehemaligen AIRFIX- Bereichsleiters wurde die Marke seitdem wieder zum neuen Leben erweckt. Während nun ein Großteil der alten Modelle neu aufgelegt wurde und wieder lieferbar ist, werden regelmäßig Neuheiten in der Produktlinie entwickelt und auf den Markt gebracht.
Alte Modellbausätze im Originalzustand werden heute unter Sammlern und Nostalgikern teilweise hoch gehandelt. Besonders beliebt sind die "Blue Boxes" mit ihren Figurensätzen und den spektakulären Bebilderungen aus den 60er/ 70er Jahren im Maßstab 1:72.
www.youtube.com/watch?v=M_vRI9EThNM