Viele aufmerksame Leser von Jugendzeitschriften oder Comic- Heften der 60er Jahre werden sich noch an die ständig wiederkehrenden Inserate erinnern, über die entweder eine größere Anzahl attraktiver Briefmarken (von denen einige besonders schöne stets abgebildet wurden) zu einem unschlagbaren Preis oder, sofern es sich um kleinere Lots handelte, sogar zum Gratistarif angeboten wurden.
Die häufigsten Inserenten waren neben einem Versandhaus "Globus" vor allem die Firmen "Iversen" und "Marken Paul", die beide im oberbayerischen Freilassing ansässig waren. Inwieweit es sich dabei um Konkurrenten oder zwei Ableger einer Muttergesellschaft handelte, entzieht sich leider meiner Kenntnis.
Jedenfalls war das Briefmarkensammeln unter Kindern und Jugendlichen in den 60er Jahren äußerst populär, und die Angebote dieser Firmen dürften damals regen Zuspruch gefunden haben.
Während sich meine mageren philatelistischen Schätze im Jahre 1967 noch in einer kleinen Zigarrenkiste befanden und vorwiegend aus echt gelaufenen Marken der DDR bestanden (z.B. die "Kinderzeichnungen" und "Vermißten Gemälde" von 1967), die ich eher stümperhaft von den Briefen meiner Verwandten aus der "Zone" abgelöst hatte, fing ich ab 1968 mit dem "ernsthaften Sammeln" an. Ich besorgte mir Einsteckalben, eine Lupe, eine Pinzette und den ersten s/w Philex- Katalog "Deutschland". Hintergrund für meinen Einstieg war, daß zu dieser Zeit an meiner weiterführenden Schule sehr viel getauscht wurde und auch einer unserer Fachlehrer durch großzügige Rotation seiner Tauschalben unsere Sammelei tatkräftig unterstützte.
Aber zurück zu "Marken Paul". Ich selbst habe mich, aus welchen Gründen auch immer, nie auf Angebote dieser Firma eingelassen, weiß aber durch die Schilderungen von Zeitgenossen, daß es sich hierbei i.W. um "Lockvogelangebote" handelte. Die konkurrenzlos günstigen Marken wurden tatsächlich in der gewünschten Menge und Qualität geliefert, allerdings folgten dann auch in regelmäßigen Zeitabständen Auswahlsendungen, deren Inhalt sich dann als deutlich weniger preisgünstig entpuppte, obwohl zu keiner Zeit eine Entnahmeverpflichtung mit der Zusendung dieser Hefte verbunden war. Die Konfektionierung von Auswahlheften für gewerbliche Anbieter geschah damals oft noch durch Heimarbeiter, deren Aufwand entlohnt werden mußte. Hinzu kamen die nicht unerheblichen Kosten für die stets wiederkehrenden Farbinserate z.B. in den Lehning- Heften, die dazu führten, daß Sammlermarken von "Marken Paul & Co." einfach nicht sonderlich günstig sein konnten.
Wie auch immer: sofern nicht gut betuchte Elternhäuser dahinterstanden, sahen sich die Erziehungsberechtigten (meist waren es die Mütter) über kurz oder lang veranlaßt, die ständige Zusendung neuer Auswahlhefte an ihre Zöglinge per Einschreibbrief zu unterbinden. Was ihnen auch ohne größere Schwierigkeiten gelang.
Die besagte Firma in Freilassing soll es übrigens noch heute geben. Ich kann mir allerdings beim besten Willen nicht vorstellen, daß sie immer noch mit ihrem alten "Geschäftsmodell" arbeitet, da sich das Freizeitverhalten der Kinder und Jugendlichen von heute doch drastisch gewandelt hat und das Sammeln von Briefmarken nur noch unter "ferner liefen" rangiert...
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