Wie es heute auch noch sein wird, bekamen wir am ersten Schultag unsere Schultüte gefüllt mit allerlei Naschwerk.
Vor der Einschulung ging es in die Kirche , dann erfolgte eine kurze Begrüßung des Schulleiter und endlich wurden wir in Klasse 1a,1b, oder 1c eingeteilt.
In der Regel bestand in diesen Jahren eine Klasse aus 30 wenn nicht noch mehr Schülern.
Es waren auch schon viele verschiedene Nationen vertreten, Es gab einen Indischen Jungen, 2 Türkische Mädchen, einen Ungar, einen Rumänen
ein jugoslawisches Geschwisterpaar, einen Jungen aus Venezuela, 2 Spanier und einen Griechen.
Ich fand das sehr interessant und habe in den folgenden Jahren, auch jeden dieser ausländischen Schüler näher kennen gelernt.
Später kam noch ein türkischer Junge aus dem hintersten Anatolien in die Klasse, der hatte anstatt Schuhe Fußlappen um die Füße.
Doch diese Armut blieb ein Einzelfall. Die 2 türkischen Mädchen, auch Schwestern waren sehr westlich orientiert erzogen, der Vater arbeitete im Konsulat, sie hatten eine riesige 6 Zimmer Wohnung und zu Hause sprach man nur französisch. Mit den 2 Mädels ging ich zusammen in die Musikschule und als die beiden mich mal zu Hause besuchen wollten, kam erst die Großmutter (sie hatte wohl die Funktion einer Gouvernante) vorbei um die häusliche Situation bei uns einzusehen.
Meine Mutter war perplex und hatte schwer ihren Kampf sich mit ihrem gelernten Schulfranzösisch zu verständigen. Bei uns Kindern ging das auch sehr lustig zu. Wir sprachen deutsch, wenn die beiden die Worte in Deutsch nicht wussten, also in französisch (als Kind lernt man ja auch schnell von den anderen ein paar Worte der Fremdsprache). Der erwähnte Inder war schon bei mir im Kindergarten und ergänzte herrlich dieses Quartett. Durch ihn, er war 2 Jahre in meiner Kindergartengruppe gewesen, konnte ich ein wenig Englisch.
Mit diesem Sprachgemisch trieben wir viele fast in den Wahnsinn.
Der Vater des indischen Jungen war Arzt und die Mutter Übersetzerin und immer mit Sari und edlen Tüchern bekleidet.
Um es kurz zu machen, bei jedem dieser ausländischen Schüler fand man hinter der Wohnungstur eine unbekannte exotische Welt vor.
Diese Düfte von Räucherstäbchen vom Hausaltar oder der Geruch der mir unbekannten, hier verwandten Gewürze. Oder die Anordnung der Möbel, war völlig anders als bei uns. Zum Beispiel stand in einer dieser Wohnungen, das Bett in der Mitte des Raumes, das war aber rundherum mit einem Vorhang zugezogen. Oder die niedrigen Sitzkissen auf übereinander gelegten Teppichen. Ein Samowar auf einem geschnitzten Tischchen und an der Decke ein Baldachin.
In dieser Zeit füllte ich mich wie Kara Ben Nemsi auf einer Reise durch den Orient.
Das einzige fernöstliche bei uns zu Hause, war ein so genannter Kamelsattel, ein Hocker der vor der Musiktruhe stand, auf dem ich meine frühste Kindheit verbrachte und die vorhandenen Schellackplatten hörte. Da gab es eine Platte, auf der spielt ein Trompeter völlig schräge Töne und eine Frau lachte gellend dazu???? Oder so hinreisende Kompositionen mit dem Titel " Fritzchen freue dich morgen gibts Selleriesalat ??? oder In Peru sind alle Mädchen gefährlich??? Ich war deshalb noch nie in Peru. Sorry, jetzt schweife ich aber schon wieder zu weit vom Thema ab.
Also Deutsch sprachen am Anfang die wenigsten und das war schon eine Herausforderung für unsere Klassenlehrerin.
Mit Tafel und Griffel (gestellt von der Schule) wurde bei uns nur in den ersten paar Tagen gearbeitet. Die ihren Namen schreiben konnten, beschrifteten die Tafel und stellten sie so auf das die Lehrerin so die einzelnen Namen vor Augen hatte. Dem Rest wurde von ihr, bei der Beschriftung geholfen.
Was ich ganz vergaß zu erwähnen. Schülern wie ich, die erst nach der Einschulung 6 Jahre alt wurden, musste einen Test ablegen. Wir sollten bei einen Zug mit Personenwagen die Fenster reinzeichnen und auf einem Steckrahmen Tiere positionieren. Also Vögel habe ich in die Bäume gesetzt und die Rehe und Hasen auf dem Boden belassen. Es sind wahrhaftig einige durch gefallen, deren Eltern wurde gesagt, sie sollten die Kinder ruhig noch ein Jahr in die Vorschule schicken.
Besonders stolz war ich auf meinen tollen braunen Ranzen und mein Federhäppchen, das ich von meinen Paten bekommen hatte. Ich habe heute noch den Ledergeruch in der Nase. Auch die erste kurze Lederhose bekam ich an diesen Ostern. (Auch den Ledergeruch vergisst man nicht)
Zurück zum Unterricht. Das ABC wurde bei uns auf einer Wandkarte ausgestellt, aber begonnen haben wir gleich mit ganzen Worten. Vogel, Ball, Ofen usw.
Geschrieben wurde jetzt mit Bleistift. Ab der 2. Klasse hatte jeder ein Schönschreibheft und mit Tusche und Feder wurden jetzt Buchstaben geübt.
Das war am Anfang eine Sauerei, die Tusche war mehr an den Händen und nach dem, mit der Hand übers Gesicht wischen, auch dort.
Auch die Hefte trieften bei einigen vor Tusche.
Dann kam der Füller. Hier gab es 2 Marken Pelikan oder Geha.
Da wir in Erdkunde die Erdteile verschiedenfarbig zeichnen sollten, kam der neu auf dem Markt erschienene 4 Farbstift gerade recht. ( War auch ein ersehnter Wunsch von mir, so einen Stift mein eigen zu nennen).
Auch einen Taschenkalender mit Drehbleistift, der Notizbuch, Verkehrszeichen, die Schulferien-Termine,Postgebühren, Ausländische Auto-Kennzeichen beinhaltete war ein großer Wunsch.
Eine eigene Brieftasche (ein Werbegeschenk) für den Kinder- und Schülerausweis hatte ich schon.
Auch bei den Turnschuhen, die ab der 4. Klasse Pflicht waren, gab es von den Firmen Addidas oder Puma
Hier zum Sport hatte man jetzt keinen selbstgenähten Turnbeutel mehr, sondern einen karierten Kulturbeutel, den man lässig über der Schulter trug.
Muß ich noch erwähnen. Sonntags trug der Junge von Welt eine Clubjacke ( ein Sakko auf dessen Brusttasche sich ein Emblem eines Sportvereins befand)
Mein Vater wollte mich auch mal in einen Kajak-Verein stecken, war aber nicht so mein Ding.
Darüber im Winter einen Kamelhaarmantel. (Das war nicht mein Geschmack, sondern so wurde ich von meinen Eltern ausstaffiert). So hatten die Kinder im hintersten Bayern, bei Verwandtenbesuchen unsererseits, wenigstens was zu lachen.
Leuchtente Frotteesocken und Strickhemden, unter denen man einen Rolli trug war bei uns in Mode.
Übrigens bin ich Linkshänder und wurde damals noch zum rechtsschreiben genötigt.
Jetzt habe ich völlig den Faden verloren??
Demnächst mehr.