Angesichts der zunehmenden Verlagskrise dämmerte es Walter Lehning Mitte der 60er Jahre wohl allmählich, daß er mit seinen Comic- Formaten, deren Grundkonzepte fast ausschließlich aus den 50er Jahren stammten, den Anschluß an die rasante Weiterentwicklung dieses Marktes verpaßt hatte. In den Comics der frankobelgischen Konkurrenz jagten mittlerweile zeitentsprechend Taguy & Laverdure (Rolf und Miki) pfeilschnell durch den Himmel und Michel Vaillant (Michael Voss) über zahlreiche internationale Rennpisten. In Lehnings Heften dagegen tummelten sich immer noch die Stars von gestern: Lancelot und Ivanhoe, Marco Polo und Robin Hood. Hansrudi Wäschers Dauerbrenner Tibor, Sigurd und Falk liefen immerhin aufgrund ihrer soliden Ausgestaltung und ihres hohen Bekanntheitsgrades unter den Kids der damaligen Zeit (zu denen ich auch gehörte) noch immer recht ordentlich. Dennoch wäre eine Modernisierung des Comic- Programms mehr als überfällig gewesen. Lehning wird dies erkannt haben und erwarb die Rechte an den Agentenreihen "Spider" und "Sip Conway" sowie an "Kalar", einem modernen, flott gezeichneten Tibor mit Schnelladegewehr, und auch der bewährte Lehning- Hauszeichner Hansrudi Wäscher wurde beauftragt, eine neue, zeitgemäße Serie zu liefern.
Schließlich erschien Ende April 1967 das erste Heft der neuen Abenteuerserie "Roy Stark". Der Einstieg in Wäschers neue Serie mit einer rasanten Westernszene entpuppt sich jedoch als Filmaufnahme, und der Held des neuen Formats ist niemand anderes als ein Stuntman für besonders gewagte Actionszenen. Doch nach seinem sehr kurzfristigen Rauswurf aus dem Showbiz nimmt die Handlung eine überraschende Wende, als Roy Stark und sein Sidekick Cin-Cin den Atomphysiker John Simms vor einem Anschlag retten, der dazu dienen soll, dem Erfinder eine kugelförmige Zeitmaschine zu stehlen. Bei einer anschließenden Probevorführung entsteigt dem Gerät überraschend ein reichlich grobschlächtiger Neandertaler, der mit seiner Keule und seiner gewaltigen Kraft selbst den muskelbepackten Roy Stark beeindruckt. Dieser wird beauftragt, den Urzeitmenschen möglichst rasch mittels einer Zeitreise wieder an seinen Ursprungsort zu befördern.
Hansrudi Wäscher war von seinem neuen Auftragsobjekt damals nicht sonderlich zu begeistern. "Ich finde, die Gegenwart spielt sich ja selber, da braucht man nicht viel zu machen...Ich könnte auch eine andere Erklärung finden: ein Auto hat vier Räder, man sieht sie meist als Ellipsen, die sind immer schwer zu zeichnen". Dementsprechend fand Wäscher mit seinem Ausflug in die Urzeit einen idealen Weg, um der ungeliebten Gegenwart zu entkommen. Da es Probleme bei der "Entsorgung" des Neandertalers gibt, sitzen Roy Stark und Cin-Cin plötzlich in einer Welt fest, die so gar nicht zu ihrer modernen Kleidung der 60er Jahre und ihrem "hippen" Auftreten passen will. Professor Simms bemerkt die Panne, schickt die Zeitkapsel wieder zurück in die Urzeit, doch dort überschlagen sich mittlerweile die Ereignisse, und in einem wilden Hin und Her zwischen Vergangenheit und Gegenwart wechseln sowohl Cin-Cin als auch die Forscher Simms und Moser zwischen den Zeitdimensionen. In der Vorzeit ist währenddessen Roy Stark in die Gewalt der Wilden geraten, die den Eindringling als Köder für einen Säbelzahntiger verwenden wollen.
Wäscher konzentrierte sich bei "Roy Stark" vor allem auf die handelnden Personen, die größer als üblich in den Panels erschienen, und hielt sich nicht besonders mit Details der jeweiligen Umgebung auf. Oftmals verwendete er lediglich drei Panels pro Seite unter Verwendung zahlreicher Actionszenen, so daß der junge Leser von damals die 28 Seiten zum Preis von 80 Pfennigen relativ schnell "durch" hatte. Doch sieht man von der zeitgenössischen Kleidung der Protagonisten ab, möchte man fast meinen, sich in einem "Tibor"- Heft zu befinden. Man sieht das typische Wäscher- Dschungelgestrüpp, die üblichen Eierfelsen, finstere Höhlen, wilde Tiere, Marterpfähle und morastige Sümpfe, so daß selbst eingefleischte Tibor- Fans bei dem neuen Format auf ihre Kosten kamen.
Nach dem Abschluß seines Steinzeitabenteuers muß Professor Simms zunächst eine finanzielle Bankrotterklärung abgeben, da die Zeitmaschine eine immense Menge an Strom verbraucht hat , die dem Verbrauch einer mittleren Stadt in einer Woche entspricht. Da entdeckt Cin-Cin in einer Zeitung einen Artikel über einen indischen Fürsten, der eine halbe Million Dollar für den besten Freistil- Ringer der Welt bezahlen will. Roy Stark bewirbt sich und wird per Fallschirm über einer einsamen Insel abgestzt, auf der sich die Mitbewerber auf Leben und Tod bekämpfen sollen, bis der "geeignetste" Kandidat übrigbleibt. Zu allem Überfluß werden auch noch einige Tiger auf der Insel ausgesetzt.
Auch diese Herausforderung besteht Roy Stark, und Fürst Sutra erklärt ihm, wozu das ganze Prozedere dient: "Mein Fürstentum besteht aus zwei Teilen. Es bestehen auch zwei Herrscherdynastien. Nach einem uralten Brauch wird alle zwanzig Jahre durch einen Ringkampf der beiden Thronanwärter entschieden, zu welcher Familie der neue Herrscher gehören soll. Ich habe durch Spione erfahren, daß mein Vetter einen Ringer aus China für seinen Sohn kämpfen lassen wird. Nun wissen sie, warum das alles geschehen ist. Sie sollen meinen Sohn vertreten!"
Doch es kommt noch abgefahrener, als der Kampf schließlich beginnt und sich Roy Starks Gegner als Gorilla entpuppt. Auch diese Bewährungsprobe gelingt unserem Titelhelden, und die Überwältigung von Fürst Sutras Gegner Sengor vollzieht sich am Ende von Heft 18 ohne größere Probleme. Roy Stark erhält von Sutra schließlich einen Scheck über die ausgelobte Summe und sitzt bereits eine Stunde später wieder in einem Flugzeug in die Vereinigten Staaten. Das Geld reicht nicht nur, um die Stromrechnung von Professor Simms zu begleichen, sondern auch, um die Zeitmaschine weiter zu vervollkommnen.
Überraschenderweise steht auf der letzten Seite nach dem Abschluß dieses turbulenten Abenteuers das bedeutungsvolle Wort "Ende". Walter Lehning hatte aufgrund zu schwacher Umsätze bei "Roy Stark" im Dezember 1967 wieder die Reißleine gezogen und die Serie einstellen lassen. Gerade einmal vier Monate später kam dann auch das endgültige Aus für den gesamten Lehning- Verlag.
Trotz seiner kurzen Laufzeit von nur acht Monaten hat sich der Actionheld recht gut im Langzeitgedächtnis der Lehning- und Wäscher- Fangemeinde gehalten. Bereits in den Jahren 1990/91 erschienen bei Hethke sechs Roy Stark- Bücher, die den Nachdruck der kompletten Serie beinhalten. Die im November 2006 erschienenen "Tefonkarten- Romane" sind bei den Fans dagegen eher umstritten und gelten vielen Anhängern des Stuntman als zu kommerziell. Interessant ist, daß eine Übersetzung der Serie zeitweise auch in Frankreich erschien. Wahrscheinlich handelte es sich bei diesem Vorgang wieder um eine der nicht seltenen "Lehning- Tauschaktionen" kurz vor der endgültigen Insolvenz des Verlages.