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    Donnerstag, 18. Juli 2024, 15:40

    Heute bleibt die Küche kalt ! Über die Geschichte der Systemgastronomie Wienerwald

    Lange Jahre, bevor die heute marktbeherrschenden Franchise- Ketten wie McDonalds, Burger King, Pizza Hut oder Kentucky Fried Chicken (KFC) bei uns in Deutschland auch nur dem Namen nach bekannt waren, da gab es längst den Wienerwald, der mit seinem damals sehr zugkräftigen Motto warb: "Heute bleibt die Küche kalt, wir gehen in den Wienerwald !". Die Gastro- Legende des Friedrich Jahn wurde bereits 1955 gegründet, hatte seine ganz große Zeit vor allem in den 70er Jahren, und ich bilde mir bis heute ein, daß die legendären Brathendl dieses Unternehmens damals deutlich besser geschmeckt haben als die der heutigen einschlägigen Anbieter, was die Fleischkonsistenz , die Würze und den Geschmack betraf.
    Das Unternehmen durchlitt seit 1982 drei Pleiten, und im Jahre 2007 erwarben die Töchter des bereits 1998 verstorbenen Gründers die Markenrechte an dem Unternehmen aus der Insolvenzmasse und belebten mit weiteren Familienangehörigen den "Wienerwald" noch einmal neu. Nach einem erneuten Niedergang des Unternehmens werden aktuell im Franchising unter dem Slogan "Gegrillte Leidenschaft" wieder rund vierzig Restaurants in Deutschland, Österreich, Ungarn, Ägypten und selbst im entfernten Dubai sowie "Hendlwagen" betrieben, mit denen wechselnde Standorte bedient werden.
    Die Systemgastronomie "Wienerwald" und dessen Schöpfer, der Selfmade- Unternehmer Friedrich Jahn, sind aus der deutschen Nachkriegsgeschichte und den Wirtschaftswunderjahren nicht wegzudenken. In den ab 1955 eröffneten Restaurants konnte man vorzugsweise bei Hähnchen- und Schnitzelgerichten sehr ordentlich außer Haus essen gehen. Dieses relativ einfache Konzept wurde so auch für eine deutsche Mittelstandsfamilie dieser Jahre erschwinglich, zumal auch die Portionen stimmten, wie der Schreiber dieser Zeilen noch aus eigener Anschauung weiß.
    Friedrich Jahn, geboren 1923 im österreichischen Linz, galt als Macher und war somit typisch für viele Unternehmer der ersten drei Nachkriegsjahrzehnte. Vom einfachen Kellner arbeitete er sich bis zum Eigentümer der Wienerwald- Kette hoch. 1955 eröffnete er sein erstes eigenes Restaurant in München, das anfangs noch eher einer Garküche glich, in der es zunächst nur eine deftige Hühnersuppe gab. Aber dieses Konzept kam beim Publikum so gut an, daß Jahn bald auf gegrilltes Hendl, Schnitzel & Co. aufstockte und eine Restaurant- Neueröffnung nach der anderen folgte. Auf dem Höhepunkt seiner Unternehmerkarriere um 1978 galt Jahn als größter System- Gastronom Europas mit siebenhundert Restaurants allein in Deutschland und eintausendsechshundert (!) weltweit mit rund dreißigtausend Beschäftigten. Das allein war dem findigen Unternehmer jedoch noch nicht genug. Neben seinen Restaurants baute er Hotels unter dem Namen "Tourotels" und "Wienerwaldhotels", unterhielt seine eigenen Hähnchenmastbetriebe, gründete den Gastronomiegerätehersteller "WIWA" sowie das Reiseunternehemen "Jahn Reisen", und das ganz überwiegend kreditfinanziert.
    Friedrich Jahn galt darüber hinaus als Waffennarr, der gerne seine Jagdwaffen mit sich führte, auch wenn sich gerade keine speziellen Gelegenheiten ergaben, zum "Schuß" zu kommen. Auch galt er als Duzfreund von Franz- Josef Strauß, mit dem er gemeinsam im Jahre 1971 nach New York flog, da Jahn auch für die USA große Expansionspläne hegte. Kleine pikante Anekdote dazu: in der Nacht vom 21. März 1971 wurde "FJS" laut NYPD- Polizeibericht gegen 2:45 im New Yorker Central Park überfallen und ausgeraubt. Strauß gab in der Vernehmung an, dort nur frische Luft geschnappt zu haben, jedoch wußten die Polizei und "Der Spiegel" zu berichten, daß dieser Vorgang erfolgte, nachdem Strauß dort "aktiv Prostituierte angesprochen hatte". Nach der Wende wurde bekannt, daß auch über FJS eine Stasi- Akte existierte, die laut "Focus" vom bayerischen Verfassungsschutz "aufgekauft" und vernichtet worden sein sollte. Aus dieser Akte soll u.a. auch hervorgegangen sein, daß Friedrich Jahn seinen Duzfreund Franz- Josef Strauß 1971 im Central Park begleitet haben sollte.
    Das Unheil kam über Jahns Firmenimperium, als die "Süddeutsche Zeitung" im Jahre 1982 einen Beitrag veröffentlichte, in dem die Kreditwürdigkeit von Jahns "Wienerwald Holding AG" massiv in Zweifel gezogen wurde. Die kreditgebenden Banken bekamen umgehend kalte Füße, kündigten alle Engagements und forderten die an Jahn vergebenen Darlehen zurück, so daß der Unternehmer in der Schweiz für seine Holding Insolvenz anmelden mußte. Was folgte, waren Zwischenlösungen mit Teilverkäufen, so ging z.B. "Jahn Reisen" an die LTU, wiederholte Neustrukturierungen des Kerngeschäftes, Schließungen und auch Wiedereröffnungen von Restaurants. Dies alles änderte jedoch nichts daran, daß die große Zeit des "Wienerwald" und seiner Tochterunternehmen spätestens ab 1988 vorbei war. Friedrich Jahn erkrankte an Krebs und verstarb im Dezember 1998 in einer Krebsklinik in Bad Wiessee, sein Grab befindet sich auf dem Waldfriedhof in der Gemeinde Grünwald, wo auch seine Ehefrau beigesetzt ist.

    www.youtube.com/watch?v=i5Fn186Vfoo
    www.youtube.com/watch?v=p4KWFMMYojI

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    Freitag, 19. Juli 2024, 18:22

    Meine Eltern nahmen mich in den 60er Jahren mehrmals im Monat mit zum Wienerwald in Braunschweig. Wir durften sogar unseren Dackel mit reinnehmen, was heute nicht mehr denkbar ist.
    Allerdings ass ich dort lieber Jaegerschnitzel als Haehnchen, da mir die vielen Knochen nicht behagten.
    Auf den Haehnchengeschmack kam ich erst hier in den USA, wo chicken breast sehr beliebt ist (ohne Knochen).

    Ende der 60er Jahre entdeckten wir dann einen Italiener, der sehr gute Pizza machte.

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    Freitag, 19. Juli 2024, 20:06

    Meine Wienerwald- Erfahrungen

    Meine entsprechenden Erfahrungen datieren vorwiegend aus den frühen 70er Jahren, als mein alter Herr dort gelegentlich mit mir einkehrte. Meine Erinnerungen an den damaligen "Wienerwald" waren durchweg positiv: kein überkandideltes Restaurant- Ambiente, sondern eher eine Mischung aus Imbiß und bürgerlichem Lokal, und was für mich damals als pubertierender Heranwachsender mit großem Appetit entscheidend war: es schmeckte, und die Größe der Portionen stimmte ! Ähnliches habe ich in den 70ern nur noch auf dem "Prickingshof" von Bauer Ewald erlebt, allerdings war dort das Essen mit gigantischen Schnitzeln eher eine abschließende Zugabe zur allgemeinen Hofbesichtigung.