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    Heute, 15:39

    The American Corner - Henry Miller, der Rinderkönig

    In den USA nannten sie ihn den "Cattle King", den "König der Rinder". Henry Miller (1827- 1916) hatte als besonderes Merkmal eine Hakennase, trug seine Barttracht ähnlich wie Abraham Lincoln und wirkte durchaus nicht wie einer der üblichen Viehtreiber jener Jahre. Ursprünglich wollte er Metzger werden, als er im Jahre 1842 sein Heimatdorf Brackenheim in der Nähe von Heilbronn verließ. Stattdessen wurde er zum erfolgreichsten Viehzüchter in der amerikanischen Geschichte.
    Geboren wurde er unter seinem bürgerlichen Namen Heinrich Kreiser als Sohn des Metzgers Christian Kreiser. In seinen jungen Jahren soll er sehr unter dem autoritären Gehabe seines Vaters gelitten haben. Bereits im zarten Alter von fünfzehn Jahren, so sein Biograph Edward Treadwell, soll er in der Küche seiner versammelten Familie verkündet haben: "Ich habe nun meine Metzgerlehre hinter mir, jetzt will ich fort von hier." Zunächst arbeitete er in den Niederlanden, ging dann nach Großbritannien und erreichte schließlich im Jahre 1848 New York. Drei Jahre lang nahm er dort für eine Schlachterei am Washington Market Schweine aus. Im Gegenzug durfte er in einem Hinterzimmer dieser Einrichtung übernachten und die Innereien der Tiere verkaufen. Fast einen amerikanischen Dollar verdiente er damit pro Tag, was für die damalige Zeit keinen allzu schlechten Verdienst darstellte.
    Eines Tages bot ihm ein Bekannter ein Eisenbahnticket nach Kalifornien an, das dieser selbst nicht wahrnehmen konnte. Vermutet wird, daß es auf den Namen Henry Miller ausgestellt war, jedenfalls nannte sich Heinrich Kreiser nach seiner Ankunft in San Francisco im Sommer 1850 fortan nur noch Henry Miller. Vielleicht wollte er auch seine wahre Herkunft verschleiern, denn deutsche Einwanderer dieser Jahre hatten in den USA zwar keinen schlechten Stand, jedoch standen Briten in der sozialen Hierarchie meist noch eine Stufe höher.
    In San Francisco arbeitete er als Metzger und besaß nach nur drei Jahren bereits seine eigene Schlachterei. Meist stand er als einer der ersten am Viehhof, um sich dann die besten Tiere aus dem Angebot herauszupicken. In den Abendstunden trieb er sich hingegen gern in den Saloons herum, um zusätzliche Informationen über die Viehqualität einzelner Herden und die aktuelle Preissituation einzuholen. Auffallend war, daß er bei seinen Recherchen nie trank oder rauchte. Auch über Schußwaffen verfügte er damals nicht, besaß aber "ordentliche Fäuste, mit denen er sich vor Neidern zu verteidigen wußte", so sein Biograph Treadwell. In dieser Zeit lernte er seinen späteren Geschäftspartner Charles Lux kennen, und die beiden begannen still und heimlich, Weiden von entmutigten Viehzüchtern südlich von San Francisco zu Spottpreisen aufzukaufen. Für einen Acre (ca. 4000 Quadratmeter) trockenes Weideland bezahlten sie oft nur wenige Cents. Zu dieser Zeit grasten meist ausschließlich Rinder aus mexikanischer Zucht auf den Weiden, so daß Miller und Lux hochwertigere Zuchttiere einführten und allmählich ihr Geschäft von der Fleischverarbeitung weg und hin zur Viehzucht verlagerten.
    Allmählich benötigten sie immer mehr Weideland, denn durch die Auswirkungen des kalifornischen Goldrausches nahm die Bevölkerung Kaliforniens sprunghaft zu, und die Fleischnachfrage schoß in die Höhe. Ihre Profite aus der Rinderzucht investierten Miller und Lux umgehend wieder in Land oder Konzessionen. Bald konnten sich die beiden zu Recht als Viehbarone bezeichnen und verfügten über eine Fläche von mehr als drei Millionen Hektar, was beinahe der Größe Baden- Württembergs entspricht.
    Miller heiratete schließlich eine entfernte Verwandte von Lux, die damals zwanzigjährige Sarah Sheldon, mit der er vier Kinder bekam. Darüber hinaus verband ihn in privater Hinsicht nicht allzu viel mit seinem Geschäftspartner. Lux bewegte sich gern in elitären Gesellschaftskreisen und knüpfte Kontakte zu Politikern und Geschäftsleuten, während Miller die Stille und Weite der amerikanischen Prärie bevorzugte. Sein bisweilen barscher Tonfall kam in den besseren Kreisen nicht an, zahlte sich jedoch bei den Verhandlungen mit Züchtern und Maklern oft aus. Selten ließ sich Miller auf Verhandlungen ein, nannte er einen Preis für eine Herde, konnten seine Geschäftspartner diese Angebote entweder ablehnen oder annehmen. Allseits respektiert wurde er insbesondere wegen seines ausgesprochenen Sachverstandes.
    Henry Miller überlebte seinen Geschäftpartner Lux um beachtliche dreißig Jahre und verstarb im Alter von 89 Jahren im Jahre 1916. Sein Firmenimperium brach bereits kurz nach seinem Tod zusammen, da u.a. neue Wege in der Fleischkonservierung die Firma unter Druck setzten. Um ihre Schulden abzutragen, verkaufte die Firma nach und nach ihr von Auszehrung durch Überweidung gekennzeichnetes Land. Noch bis in die 1960er Jahre stritten die Nachkommen Millers mit diversen Konzernen und Entwicklern über Grundstückspreise.
    Von dem einstigen Firmenimperium übriggeblieben sind heute noch zwei Landwirtschaftsbetriebe, die vorwiegend Baumwolle und Tomaten anbauen.