Meine Mutter war in den 60er/ 70er Jahren als kühl kalkulierende Hausfrau ein bekennender ALDI- Fan. Die rund dreihundert Artikel, die der Discounter damals anbot, waren meist konkurrenzlos günstig, und auch die Qualität stimmte. Was machte ihr da schon aus, daß "Leute von Stand" über "Feinkost Albrecht" insbesondere in den 60er Jahren eher die Nase rümpften und bei der Markenkonkurrenz ihre Einkäufe tätigten. Gut erinnern kann ich mich noch an eine zeitgenössische Begegnung meiner Mutter und mir mit meinem damaligen Deutschlehrer Georg Schmelz nebst Gemahlin im Eingangsbereich von ALDI, denen dieses unfreiwillige Zusammentreffen sichtbar peinlich war. Gutbürgerliche Kreise kauften hier nicht ein, man tat dies einfach nicht. Geändert hat sich dies erst in den 70er/ 80er Jahren.
Ein großer Nachteil für uns war, daß unser ALDI- Laden im Stadtzentrum lag und wir dagegen hart an der Stadtgrenze wohnten. In unserer Nähe gab es nur den deutlich teureren EDEKA- und REWE- Markt, so daß ich leider mehr als einmal bei Wind und Wetter von meiner Mutter zum "Einholen" in die Stadt geschickt wurde. Die halbe Stunde einfache Fahrtzeit mit dem Rad machte mir nichts aus, wohl aber der lästige Gegenwind, der mich oft auf dem Rückweg erwartete. Satteltaschen hatte ich nicht, und so schlackerten die damals noch sehr stabilen Plastiktüten mit dem ALDI- Logo, die es zu dieser Zeit gratis gab, lustig auf der rechten und linken Seite des Fahrradlenkers und klatschten immer wieder einmal gegen das Vorderrad, was mich wohl mehr als einmal zu allerlei deftigen Flüchen veranlaßt hat. Ich habe es dennoch überlebt .
Treu geblieben bin ich ALDI bis vor wenigen Jahren, als das Sozialverhalten einzelner "Kassenmäuschen" immer mehr zu wünschen übrig ließ und auch die Covid- Politik des Konzerns (ein Einkaufswagen je Familienmitglied !) verstärkt ins Zwielicht geriet. Mittlerweile kaufen wir überwiegend bei der Konkurrenz, die zumindest bei No Name- Produkten preislich durchaus mit ALDI Schritt halten kann und die darüber hinaus oft ein größeres Sortiment vorhält.
ALDI gilt heute als einer der führenden internationalen Discounter- Supermärkte und ist derzeit sogar bemüht, in China Fuß zu fassen. Die Anfänge des Unternehmens waren dagegen eher bescheiden. Im Jahre 1913 eröffnete Karl Albrecht sen. einen "Tante Emma-Laden" im Essener Arbeiterviertel Schonnebeck.
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen die beiden Söhne von Karl Albrecht sen. den Laden, da ihr Vater mittlerweile verstorben war. Theo und Karl Albrecht zögerten nicht lange und entwickelten ein neues Betriebskonzept, um den schwierigen Umständen der frühen Nachkriegsjahre gerecht werden zu können. Dies bewerkstelligten die Gebrüder Albrecht, indem sie ihr Sortiment kleinhielten und Prozesse optimierten, um die Abgabepreise möglichst niedrig halten zu können.
Im Jahre 1954 wurde die erste Filiale außerhalb von Essen eröffnet, und der einstige Tante Emma- Laden wurde zu einem Selbstbedienungsgeschäft umgestaltet. Zwischen 1945 und 1955 wurden in Nordrhein- Westfalen über hundert Standorte eröffnet, und Mitte der 50er Jahre galten Karl und Theo Albrecht bereits als Millionäre. Bis zum Jahre 1961 eröffneten die rührigen Brüder weitere zweihundert Filialen im gesamten Bundesgebiet mit einem Bruttoumsatz von über 90 Millionen DM.
1961 wurde das Unternehmen in "ALDI NORD" (Theo Albrecht) und "ALDI SÜD" (Karl Albrecht) aufgeteilt, nachdem die beiden Brüder durch ihr Unternehmenskonzept zu den reichsten Bundesdeutschen dieser Jahre geworden waren. Mit dem Aufkommen der Supermärkte in Deutschland kam es jedoch zu einer Umsatzstagnation. Viele der ALDI- Filialen waren in den frühen 60ern noch Bedienungsläden, die aufgrund ihrer geringen Größe nur ein beschränktes Sortiment anbieten konnten. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, mit Supermarktketten wie REWE oder EDEKA zu konkurrieren, kam Theo und Karl Albrecht die zündende Idee: sie würden zukünftig Grundnahrungsmittel zu absoluten Tiefstpreisen anbieten. Die Idee des Discounters war geboren. Aus dieser Zeit stammt auch der Name ALDI : AL-brecht DI-scount.
Um ihre Preise auf Tiefstniveaus zu bringen, griffen die beiden Brüder zu drastischen Maßnahmen: kleine Sortimente, keine leicht verderblichen Frischwaren, keine Preisetiketten auf der Ware (die Kassiererinnen mußten die Preise damals im Kopf haben), die Waren blieben weitgehend in den Lieferkartons, keine teure Ladeneinrichtung, keine Dekoration, keine Werbung und kein Kreditverkauf. Durch dieses neuartige, einfache und dennoch sehr erfolgreiche Konzept hatte ALDI insbesondere in den 60ern noch das Image eines "Arme- Leute- Ladens".
Heute ist dieses Image dagegen längst überwunden. Mittlerweile haben fast alle ALDI- Filialen Frischetheken und auch ein wesentlich breiteres Sortiment als in den Anfangsjahren des Discounters. Die Rede ist von ca. 2500 bis 3000 Artikeln, die die Filialen heute ständig vorhalten.
Beide Unternehmen arbeiten zwar unter vielerlei Aspekten zusammen, sind darüber hinaus aber zwei völlig eigenständige Firmen. Auch international ist ALDI gut aufgestellt und hat Filialen in folgenden Ländern: Österreich, Schweiz, Slowenien, Ungarn, USA,. Großbritannien, Irland, Australien, Italien und China. In der Schweiz, Österreich und Slowenien operiert ALDI unter dem Namen "Hofer". In den Vereinigten Staaten leitet ALDI- Nord knapp 400 "Trader Joe´s"- Filialen.
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