Als jemand, der väterlicherseits der Sohn von Ostvertriebenen ist, mütterlicherseits die spätere DDR sehr gut kennengelernt hat (die Familie meiner Mutter stammt aus der Altmark) und selbst im äußersten Westen (Großraum Köln/ Düsseldorf) großgeworden ist, meine ich, alle drei Welten recht gut kennengelernt zu haben.
In den 60er/70er Jahren haben wir in recht regelmäßigen Zeitabständen unsere Verwandten "in der Zone", wie es damals hieß, besucht. Im Vergleich zum "goldenen Westen" fielen mir bereits als Kind verschiedene Dinge ins Auge:
- Die DDR "roch" bereits anders, was an der verbreiteten Braunkohlenfeuerung sowie an den Fahrzeugen mit Zweitaktergemischen und in geringerem Umfang auch an der "Plaste und Elaste aus Schkopau" lag,
- häufig sah man meist recht allgemein gehaltene politische Parolen in Form von Transparenten oder Plakaten ("Auf zur Erfüllung des neuen Fünfjahrplans o.ä.), eine Erscheinung, die ich aus dem Westen so nicht kannte,
- sehr auffallend war bereits zu dieser Zeit der Verfall von Altbauten und Sanitäreinrichtungen, die oft noch von "anno dunnemals" stammten (Toiletten überm Hof oder eine halbe Treppe tiefer),
- Sachwert schlug damals definitiv Geldwert, da eine Reihe von Gebrauchsgütern kaum oder nur als "Bückware" zu haben war und die DDR- Mark stets unter erheblichen Kaufkraftüberhängen litt,
- zwischenmenschliche Beziehungen wurden intensiver gepflegt als bei uns im Westen, wo sich bereits allmählich die egoistische Ellenbogengesellschaft durchzusetzen begann. Zu tun hatte dies sicher auch mit dem Umstand, daß "Vitamin B" im Alltagsleben der DDR bedeutend wichtiger war als in der Bundesrepublik,
- auch im Osten wurden gelegentlich Vorurteile über den Westen gepflegt. So meinte meine Großmutter Ende der 60er Jahre, daß wir im Westen doch alle einen Wohnwagen hätten. Wieso sie denn darauf käme ? Nun, sie hätte die Urlaubsstaus auf den Autobahnen doch selbst in der Tagesschau gesehen.
Ein unlösbares Rätsel bleibt bis heute, weshalb der Empfang des Westfernsehens von DDR- Seite nicht mit Störsendern belegt wurde. Die ständige Berieselung mit den Beglückungungen der westlichen Konsumgesellschaft durch ARD und ZDF hat meines Erachtens nicht unwesentlich zum Untergang des ersten Arbeiter- und Bauernstaates auf deutschem Boden beigetragen.