Michel Polnareff (*
3. Juli 1944 in
Nérac im
Département Lot-et-Garonne) ist ein französischer
Chansonnier,
Komponist und Textautor.
Polnareffs Vater, der Komponist und Jazzpianist
Léo Poll
war Exilrusse, seine Mutter Simone Lane, eine Tänzerin, Bretonin. Seine
Eltern erkannten schon früh die musikalische Begabung des Kindes und
setzten ab dem 4. Lebensjahr alles auf eine klassische Ausbildung mit
dem Schwerpunkt Klavier. In seiner 2004 erschienenen Autobiographie
schildert Polnareff seine Kindheit unter dem Despotismus eines
prügelnden Vaters, der ihm abverlangte, überall der Beste zu sein, aber
keinerlei Rücksicht auf seine kindlichen Bedürfnisse nahm.
Polnareff besuchte das
Conservatoire National de Région de Paris,
wo er im Alter von elf Jahren im Fach Musiklehre den ersten Preis
errang. Nach dem Abitur versuchte Polnareff zunächst noch, es seinem
Vater recht zu machen und leistete sieben Monate lang seinen
Militärdienst in
Montluçon
ab, wo er Pauke im Orchester spielte. Danach arbeitete er bei einer
Versicherung und bei einer Bank. Dennoch nahmen die Spannungen zu, bis
Polnareff 1964 seinem Elternhaus den Rücken kehrte.
In
Montmartre stieß er zu den
Beatniks,
wechselte vom Klavier zur Gitarre und wurde Straßenmusiker. Eine
Initialzündung war 1965 ein Wettbewerb in dem damals angesagten
Lokomotivclub, den Polnareff gewann. Der als Preis in Aussicht gestellte Plattenvertrag mit dem bekannten Label
Barclay
interessierte Polnareff jedoch nicht. Er sah sich als Komponist, nicht
als Chansonnier. Erst der Rat von Noel „Paul“ Stookey, Mitglied des
amerikanischen Trios
Peter, Paul and Mary, brachte ihn dazu, seine Lieder selbst zu interpretieren.
Erfolgsjahre
Polnareff (1967)
Seinem Klassenkameraden Gérard Woog verdankte Polnareff den Kontakt zu
Lucien Morisse, dem Programmchef des Radiosenders
Europe 1,
der ihn dazu brachte, einen Vertrag mit dem Schallplattenverlag Disc’AZ
zu unterschreiben. Morisse wurde sein Manager und ermöglichte ihm seine
erste Plattenaufnahme.
La poupée qui fait non wurde 1966
veröffentlicht und sein erster großer Erfolg. Den Vorschlag, seinen
Namen für den englischsprachigen Markt zu ändern, lehnte Polnareff ab.
Darüber hinaus bestand er – wegen der technischen Möglichkeiten – auf
einem Tonstudio in
London. Dort traf er unter anderem auf
Jimmy Page,
John Paul Jones und
Big Jim Sullivan.
Im selben Jahr erschien seine zweite
Single, die mit einem überlangen, klassischen Klavier-Intro beginnt:
Love Me, Please Love Me. Wesentlich mehr Aufmerksamkeit erregte die B-Seite der Aufnahme.
L’amour avec toi
wurde von den Radiostationen erst nach 22 Uhr gespielt, weil es zur
damaligen Zeit als Tabubruch galt, Sexualität offen anzusprechen.
1967 stand Polnareff zusammen mit Big Jim Sullivan als Vorgruppe der
Beach Boys zum ersten Mal auf der Bühne des legendären Pariser
Olympia. In Deutschland eröffnete er die Konzerte von
Marianne Faithfull, durch die er
Mick Jagger kennenlernte. In
Belgien trat Polnareff mit
Jeff Beck auf. In diesem Jahr entstanden weitere Titel wie
Âme Câline, dessen Melodie er angeblich einem Vogel abgelauscht hatte.
Es entstanden die neoromantische Ballade
Le Bal des Laze (stilistisch Ähnliches machten
Procol Harum und
The Moody Blues) und das fetzige Country-and-Western-Stück
Y’a qu’un cheveu. Gleichzeitig bat der französische Regisseur
Jean-Louis Barrault Polnareff um Musik für sein
Rabelais-Stück. Im selben Jahr begegnete Polnareff der Produzentin Annie Fargue, die das Musical
Hair nach Paris gebracht hatte. Sie wurde seine Mentorin und blieb bis zu ihrem Tod 2011 seine Geschäftspartnerin.
Im Jahre 1970 stand er mit eigener Show auf der Bühne des Olympia
und ging im Anschluss auf Tournee durch Frankreich. In Rueil-Malmaison
wurde er am 4. Juni auf der Bühne körperlich angegriffen, was ihn in
eine schwere
Depression stürzte. Am 11. September 1970 beging sein Manager Lucien Morisse Selbstmord. Ihm widmete er das
Chanson Qui a tué Grand’ Maman? Mit seinem Lied
Je suis un homme trat Polnareff selbstbewusst und humorvoll den kursierenden Gerüchten entgegen, er sei homosexuell.
Exiljahre in Los Angeles
Bis
in die 1970er Jahre hinein verkaufte Polnareff einige Millionen
Tonträger. Wegen erheblicher Steuerschulden setzte er sich 1973 in die
USA
ab. Polnareff hatte die finanzielle Seite seiner Karriere einem Manager
übertragen und wurde vermutlich betrogen. Nach jahrelangem Prozessieren
vor französischen Gerichten erlangte er letztlich einen Freispruch.
1985 kehrte er für einige Jahre nach Frankreich zurück, zunächst in das kleine Dorf
Fontenay-Trésigny (
Département Seine-et-Marne), dann in das Pariser Hotel
Le Royal Monceau, wo er sein Album
Kama-Sutra produzierte. Ein Comeback-Versuch mit dem Album
Incognito blieb relativ erfolglos.
Im Jahr 2004 wurde der Sänger von Reportern der französischen Zeitschrift
Paris Match in der Nähe von
Los Angeles gefunden. Er lebte dort zurückgezogen und anonym, trat jedoch 1995 im legendären
The Roxy in Los Angeles auf. Von diesem Konzert liegt ein Mitschnitt vor.
Gegenwart
Polnareff
ist weiterhin musikalisch aktiv, produziert und steht auch privat in
Kontakt mit bekannten Musikern: So war er, wie er selbst schreibt, in
den früheren Jahren in Los Angeles Mittelstürmer in einer Hobby-
Soccer-Mannschaft, in der auch
Rod Stewart und
Elton John mitspielten.
Der französische Künstler
Pascal Obispo nahm 2003 eine Polnareff gewidmete Doppel-CD (Studio und live) mit dem Titel
Fan auf, die Coverversionen von bekannten Polnareff-Songs enthielt. Im Jahr 2006 veröffentlichte
Star Academy, das französische Pendant zu
Deutschland sucht den Superstar, eine CD mit 14 Polnareff-Titeln.
Im Jahr 2007 gelang Polnareff nach 34 Jahren Abwesenheit ein
Comeback mit einer ausverkauften Tournee durch Frankreich und Belgien.
Am 7. Dezember 2007 erschien der Mitschnitt eines Konzertes in Bercy.
Die CD kletterte auf Platz 13 der französischen Charts.
2010 wurde bekannt, dass er wieder ein neues Album aufgenommen habe. Im
Dezember 2010 wurde Polnareff erstmals Vater. Zusammen mit seiner
langjährigen Freundin Danyellah bekam er einen Sohn. Im Februar 2011
bekannte Polnareff jedoch, dass das Kind nicht von ihm sei.
[1]
Markenzeichen von Michel Polnareff ist neben der Lockenfrisur
unter anderem das Tragen einer weißen Sonnenbrille. Die Brille war
zunächst wegen seines starken Augenleidens notwendig geworden,
entwickelte sich dann aber zu Polnareffs Markenzeichen. Erst 1994
unterzog er sich einer Operation, die ihm das Augenlicht rettete.
https://www.youtube.com/watch?v=XPMP5CdYnro
https://www.youtube.com/watch?v=ouCDEcBedAg
https://www.youtube.com/watch?v=6V7PrZ49ivA