Vielleicht lag es an seinen Kriegserfahrungen oder an dem instinktiven Gefühl, daß seinem irdischen Dasein eine nicht allzu lange Zeit beschieden sein würde. Jedenfalls haftete dem sympathischen Moderator und Showmaster stets etwas Unstetes, Rastloses an. Daß er deutscher Jude war , nahm ich bewußt erstmals in den 70er/ 80er Jahren wahr, ohne daß sich meine Einschätzung ihm gegenüber geändert hätte. Auch hatte er sowohl äußerlich als auch in menschlicher Hinsicht eine gewisse Ähnlichkeit mit unserem Klassenlehrer der neunten und zehnten Klasse, Wilfried Carstens, der zu den verträglichsten Pädagogen meiner Schulzeit gehörte und der mir nach der Mittleren Reife eine weiterführende Empfehlung schrieb.
Zurück aber zu Hans Rosenthal. Geboren wurde er im April 1925 als Sohn des Bankangestellten Kurt Rosenthal in Berlin. Er wuchs im Stadtteil Prenzlauer Berg auf, besuchte dort die Volksschule und anschließend die jüdische Mittelschule und verbrachte dort eine weitgehend unbeschwerte Kindheit zusammen mit seinem 1932 geborenen Bruder Gert. Beider Eltern verstarben früh; der Vater verschied bereits 1937 an Nierenversagen, Mutter Else folgte vier Jahre später aufgrund einer Darmkrebserkrankung.
Der inzwischen sechzehnjährige Hans Rosenthal kam zusammen mit seinem Bruder Gert in ein Waisenhaus, von wo sie zur gelegentlichen Zwangsarbeit eingesetzt wurden. Bruder Gert wurde im Oktober 1942 nach Riga deportiert, wo er einige Zeit später starb.
Hans Rosenthal, der inzwischen aufgrund seines fortgeschrittenen Alters in ein jüdisches Jugendheim verlegt worden war, entwich im Mai 1943 von dort und überlebte die Verfolgung und den Bombensturm über Groß- Berlin mit Hilfe zweier nichtjüdischer Frauen, die ihn knapp zwei Jahre lang in der Laubenkolonie "Dreieinigkeit" in Berlin- Lichtenberg versteckten.
Nach der Kapitulation des Deutschen Reiches im Mai 1945 startete Rosenthal relativ zügig seine spätere Erfolgskarriere als Moderator und Entertainer. Zunächst machte der mittlerweile Zwanzigjährige eine Ausbildung beim russisch kontrollierten Berliner Rundfunk (BERU) und arbeitete als Regieassistent, wechselte dann jedoch bereits 1948 in den Westsektor Berlin zum RIAS. Mit den von ihm selbst entwickelten Ratesendungen machte er sich schnell einen Namen und stieg dort bis zum späteren Chef der Unterhaltungsabteilung auf.
Im Hörfunk moderierte er sehr erfolgreiche Dauerbrenner wie "Wer fragt, gewinnt" (1954-1974), "Allein gegen alle" (1963-1977) oder die ab 1965 wöchentlich gesendete Rateshow "Das klingende Sonntagsrätsel". Auch gestaltete er "Spaß muß sein" (1959-1986) oder gemeinsam mit Günter Neumann "Opas Schlagerfestival" (1967-1972).
In den 50er und 60er Jahren galt Hans Rosenthal in Fan- und Fachkreisen ganz überwiegend noch als "bekannter Mann des Rundfunks". Seine ungeheure bundesweite Popularität erlangte er i.W. erst ab den frühen 70er Jahren durch das Fernsehen mit der Ratesendung "Dalli Dalli" (1971-1986) sowie mit anderen Quizshows, so z.B. durch "Rate mal mit Rosenthal" (1979-1986) sowie durch "KO OK" (1977-1980).
"Dalli Dalli", das Ratespiel für Schnelldenker, wurde von Rosenthal selbst entwickelt, lief am 13. Mai 1971 erstmalig mit einer eigenen Erkennungsmelodie über die Sender des ZDF und war fünfzehn Jahre der erfolgreiche Dauerbrenner des "Zwoten". Zum Markenzeichen entwickelte sich dabei Rosenthals Luftsprung, verbunden mit seinem Satz: "Sie sind der Meinung...Das war Spitze !". Die Erlöse aus "Dalli, Dalli" kamen einem guten Zweck zugute und wurden an unverschuldet in Not geratene Familien oder andere Notleidende überwiesen.
Zu einer von Rosenthal´s qualitativ besten TV- Sendungen gehörte die ARD- Show "Das gibt´s nur einmal- Noten, die verboten wurden" aus dem Jahre 1983.
Außer diesen Sendungen moderierte der gelegentlich allzu omnipräsent erscheinende Entertainer auch weitere größere TV- Galas, so z.B. "Cäpt´n, Good Bye" anläßlich der Verabschiedung des Bundespräsidenten Carl Carstens, auch wurden verschiedene Großereignisse wie die Eröffnung der Bundesgartenschau von ihm moderiert.
Im Jahre 1980 veröffentlichte Hans Rosenthal seine Lebenserinnerungen unter dem Titel "Zwei Leben in Deutschland". Bis 1980 wirkte er aktiv an der Unterstützung seiner jüdischen Mitbürger mit, so als Direktoriumsmitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland sowie als Vorsitzender der Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.
Hans Rosenthal starb am 10. Februar 1987 im Alter von nur 61 Jahren in seiner Heimatstadt Berlin an den Folgen einer Magenkrebserkrankung. Seine letzte Ruhestätte fand der beliebte Entertainer in einem Ehrengrab des Landes Berlin auf dem Jüdischen Friedhof Heerstraße. Noch im gleichen Jahr wurde die "Hans Rosenthal- Stiftung" gegründet, die es sich zum Ziel gesetzt hat, "Menschen zu unterstützen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind oder bei denen eine wirtschaftliche Notlage besteht".
Bereits zu Lebzeiten erhielt Rosenthal verschiedene Auszeichnungen, so 1972 das Bundesverdienstkreuz, 1973 den begehrten "Bambi" sowie in den Jahren 1975, 1980 und 1985 die "Goldene Kamera". Ebenfalls 1985 erhielt er die "Goldene Europa" sowie ein Jahr später den "Telestar", bei dessen Verleihung er zum letzten Mal öffentlich auftrat.
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